Kein ausreichend warmes Wasser nach 30 Sekunden – Mietminderung gerechtfertigt?

    Im Regelfall ist eine Warmwasserversorgung rund um die Uhr geschuldet. Wird diese nicht ausreichend gewährleistet, kommt eine Mietminderung in Betracht. Dies war Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Brandenburg.

    In dem zugrunde liegenden Fall musste das Gericht darüber entscheiden, ob den Mietern einer Wohnung wegen einer mangelnden Warmwasser-versorgung ein Recht zur Mietminderung zusteht. Ein Sachverständiger hatte festgestellt, dass das warme Wasser nach dem Vorlauf von ca. 23,3 Litern nach ca. 50 Sekunden eine Temperatur von ca. 40 °C, nach dem Vorlauf von ca. 28 Litern nach ca. 60 Sekunden eine Temperatur von ca. 42 °C und erst nach ca. 230 Sekunden eine Temperatur von 50,6 °C, jedoch im Übrigen keine 55 °C aufwies.

    Der Einzelfall ist ausschlaggebend

    In den vergangenen Jahren hatten schon verschiedene Gerichte sich mit einer mangelhaften Warmwasserversorgung zu befassen. Diesbezüglich bestehen verschiedene Ansichten, wann eine Mietminderung gerechtfertigt ist.

    Eine Faustregel gibt es hierbei jedoch nicht, da – wie so oft – der Einzelfall ausschlaggebend ist.

    Ein paar Beispiele:

    • Bei einer nichtvorhandenen Warmwasserversorgung zwischen 22 und 7 Uhr wurde eine Mietkürzung von 7,5 % gerechtfertigt.
    • Bei dem Ausfall des Boilers im Bad konnte der Mieter die Miete um 15 % kürzen.
    • Bei dem Ausfall der Warmwasserversorgung im Winter, wobei die allgemeine Temperatur nur noch bei 15°C lag, konnte sogar um 70 % gekürzt werden.

     

    Abfließen einer großen Menge Wassers nicht zumutbar

    Die Temperatur des Wassers sollte ständig mindestens etwa 40 bis 50°C haben. Wenn dies über einen längeren Zeitraum nicht der Fall ist, liegt ein eindeutiger Grund zur Mietminderung vor. Dabei hat unter anderem das Berliner Landgericht geurteilt, dass diese Temperaturen ohne nennenswerte Vorlaufzeit bereitgestellt werden müssen. Denn das Warten auf warmes Wasser sowie das Abfließen von einer großen Menge ungenutzten Wassers ist dem Mieter nicht zuzumuten.

    Über die Dauer und die maximale Literzahl, die hierbei relevant sind, gibt es verschiedene Urteile. Zum einen wurden Angaben gemacht von zehn Sekunden, in den nicht mehr als fünf Liter abfließen sollten und zum anderen wurde von einem Gericht geurteilt, dass nur drei Liter Wasser ungenutzt abfließen dürfen bis eine Temperatur von 55°C erreicht sind.

     

    Wie entschied das Gericht?

    Das Amtsgericht Brandenburg entschied, dass die Messwerte eine Minderung der Bruttomiete um 5 % rechtfertigen. Eine Warmwasserversorgung rund um die Uhr gehöre regelmäßig zur Gebrauchstauglichkeit einer Mietwohnung.

    Das warme Wasser soll insofern bereits nach 30 Sekunden eine Temperatur von 55 Grad aufweisen (vgl. DIN 1988-200). Mangelt es hieran, so ist grundsätzlich eine Minderung der Miete zwar möglich (LG Berlin, Urteil vom 28.08.2001, Az.: 64 S 108/01, u.a. in: Grundeigentum 2001, Seiten 1607 f.; LG Hamburg, Urteil vom 13.07.1978, Az.: 7 S 66/78, u.a. in: WuM 1978, Seite 242; AG Berlin-Mitte, Urteil vom 25.04.2018, Az.: 7 C 82/17, u.a. in: Grundeigentum 2018, Seiten 1064 f.; AG Charlottenburg, Urteil vom 07.09.2006, Az.: 211 C 70/06, u.a. in: Grundeigentum 2006, Seite 1557; AG Berlin-Köpenick, Urteil vom 15.11.2000, Az.: 12 C 214/00, u.a. in: MM 2001, 106 f. = „juris“ = BeckRS 2010, Nr. 8619; AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 29.04.1996, Az.: 102 C 55/94, u.a. in: MM 1996, 401 f. = „juris“ = BeckRS 1996, Nr. 7243; AG Köln, Urteil vom 24.04.1995, Az.: 206 C 251/94, u.a. in: WuM 1996, Seite 701; KreisG Görlitz, Urteil vom 29.12.1992, Az.: 7 C 372/92, u.a. in: WuM 1993, Seite 113; Blank/Börstinghaus/Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, § 536 BGB, Rn. 138), jedoch liegt ein erheblicher Mangel wohl noch nicht vor, wenn die Temperatur des Warmwassers nach ca. 15 Sekunden bereits 40 °C bis 43 °C beträgt (LG Hamburg, Urteil vom 13.07.1978, Az.: 7 S 66/78, u.a. in: WuM 1978, Seite 242).

    Die Entscheidung im vollen Wortlaut können Sie hier lesen.

     

     

     

    Was sagt der Experte?

    Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:

     

    Das Recht auf Mietminderung ist in § 536 BGB geregelt. Ist der vertragsgemäße Gebrauch einer Mietwohnung aufgrund eines Mangels wie einem Warmwasserausfall nicht oder nur eingeschränkt möglich, ist der Mieter berechtigt, eine Kürzung der Miete vorzunehmen. Dasselbe gilt, wenn das Wasser bestimmte Temperaturen nicht erreicht oder die Erwärmung des Wassers zu lange dauert.
    Das Gesetz spricht von einer angemessenen Kürzung der Miete, ohne das Wort „angemessen“ näher zu definieren. Die folgenden Faustregeln haben sich in der Praxis herauskristallisiert:

    • Die Warmwassertemperatur sollte stets zwischen 40 und 50 Grad Celsius betragen.
    • Warmwasser muss in der Mietsache jederzeit verfügbar sein.
    • Die Temperatur muss ohne nennenswerte Vorlaufzeit bereitgestellt werden.
    • Urteile haben sich hier auf maximal zehn Sekunden Wartezeit geeinigt, in denen maximal fünf Liter ungenutzt abfließen sollten.

     

    Maßgebend ist Umfang und Grad der Beeinträchtigung

    Die Höhe der Mietminderung bei Warmwassermangel hängt wesentlich vom Grad und der Dauer der Beeinträchtigung ab. Daraus ergibt sich die Angemessenheit der Mietkürzung. Folgende Umstände müssen genauer unter die Lupe genommen werden:

    • Differenz zwischen Soll- und Ist-Temperatur
    • Menge des Wasserabflusses, bis Warmwassertemperatur erreicht wurde
    • Zeitdauer, bis Warmwasser zur Verfügung steht
    • Anzahl der betroffenen Räume

    Wenn beispielsweise in der gesamten Mietwohnung nur kaltes Wasser fließt, fällt die Mietminderung im Vergleich zu einem isolierten Warmwasserausfall z.B. in der Küche höher aus.

     

    Worauf muss der Vermieter achten?

    Dennoch gibt es ein paar Kriterien, die der Vermieter zur Orientierung für eine ordnungsgemäße Versorgung bei Warmwasser berücksichtigen sollte:

    • In welchem Umfang ist die Warmwasserversorgung beeinträchtigt?
    • Hat der Mieter überhaupt kein warmes Wasser in seiner Mietwohnung oder stimmen lediglich die Temperaturen nicht?
    • Inwiefern weicht die tatsächliche Temperatur des Wassers in Ihrer Wohnung von der laut Vertrag geschuldeten Höchsttemperatur ab?
      Hier nochmal zur Erinnerung: Eine Wassertemperatur von 40 bis 55°C sollte im Bad und in der Küche erreicht werden.
    • Wie lange dauert es, bis die Erwärmung des Wassers erfolgt?
    • Wie viel Liter kann der Mieter demzufolge nicht nutzen?
    • Welche Räume sind von der eingeschränkten Warmwasserversorgung betroffen (Bad, Küche)?
      In der Regel kann die Miete erst nach der Anzeige seitens des Mieters gekürzt werden.

     

    Nicht warten – Gang zum Haus & Grund Anwalt!

    Wird der Vermieter mit einer Mängelanzeige des Mieters konfrontiert, dann ist in der Regel ein sofortiger Gang zum Haus& Grund Anwalt zu empfehlen, da ab diesem Zeitpunkt – auch rückwirkend- eine Minderung möglich ist!

    Fachanwalt Wolfgang Reineke