Kündigung per Einschreiben – eine Vermieterfalle? – Urteil des Oberlandesgerichts Rostock

    Die deutsche Post ist in der Regel sehr zuverlässig. Briefsendungen erreichen ihren Empfänger fast immer, auch ohne Mehrkosten für einen besonderen Zustellungsnachweis. Doch wenn es um Kündigung – gleich welcher Art – geht, dann wollen die Absender auf „Nummer sicher“ gehen: die meisten entscheiden sich für ein so genanntes „Einschreiben“.

    So verfuhr auch ein Vermieter von Gewerberäumen im Gerichtsbezirk Rostock. Er hatte seinem Mieter fristlos gekündigt und ihn auf Räumung und Herausgabe der Mieträume verklagt.

    Der Mieter war aber der Ansicht, dass die Forderung des Vermieters schon deshalb nicht berechtigt war, weil ihm die fristlose Kündigung nicht zugegangen sei. Er habe nämlich die per Übergabe – Einschreiben versendete Kündigung nicht bei der Post abgeholt, was tatsächlich auch zutraf.

    Das OLG Rostock stellte dann auch zu Gunsten des Mieters klar, dass die fristlose Kündigung des Vermieters das Mietverhältnis tatsächlich nicht wirksam beendet hatte. Die fristlose Kündigung sei eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit Zugang beim Mieter wirksam werden konnte.

    Dafür musste die Kündigungserklärung so in den Bereich des Mieters gelangen, dass er vom Inhalt der Kündigungserklärung Kenntnis nehmen konnte (BGH, Urteil v. 26.11.97, Az. VII ZR 22/97).

     

    Keine Kenntnis vom Inhalt der Erklärung

    Unstreitig hatte der Mieter aber die per Übergabe Einschreiben versendete Kündigung nicht von der Post abgeholt, so dass diese an den Vermieter zurückgesandt wurde. Der Mieter hatte somit vom Inhalt der Kündigungserklärung keine Kenntnis erlangt. Somit war diese mangels Zugangs nicht wirksam geworden. So lautete auch die Entscheidung des Landgerichts Rostock (OLG Rostock, Beschluss v. 24.08.20, Az. 3 U 18/19).

    Den gesamten Text der Entscheidung kann man hier nachlesen.

     

    Benachrichtigungsschein ersetzt nicht den Zugang des Schreibens

    Es knüpfte damit an ein Urteil des Kammergerichts Berlin vom 10.6. 2010 an (8 U 11/10). In diesem ist zusätzlich festgehalten, dass auch der Zugang eines Benachrichtigungsscheins nicht den Zugang eines Einschreibebriefs ersetzen könne. Zugegangen gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nämlich eine Willenserklärung erst, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass bei der Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen ist, er könne von ihr Kenntnis erlangen (BGHZ 137, 205 = NJW 1998, 976). Danach war in der Berliner Entscheidung den dort Beklagten allenfalls der von dem Postzusteller gefertigte Benachrichtigungsschein fristgerecht zugegangen. Dieser Zettel habe den Empfänger aber nur darüber unterrichtet, dass für ihn eine Einschreibesendung bei der Post zur Abholung bereit liegt. Er enthielt jedoch keinen Hinweis auf den Absender des Einschreibebriefes und lässt den Empfänger auch im Ungewissen darüber, welche Angelegenheit die Einschreibesendung zum Gegenstand hat. Der Zugang des Benachrichtigungsscheines ersetzt daher nicht den Zugang des Einschreibebriefes (BGH, a.a.O.)

    Den gesamten Text der Berliner Entscheidung kann man hier nachlesen.

     

    Was sagt der Experte?

    Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema

     

     

    Haus & Grund Fachanwalt Wolfgang Reineke rät bei Kündigungen zu größter Sorgfalt:

    „Die Versendung einer Kündigung per Übergabe-Einschreiben ist somit kein sicherer Weg. Sicherer ist die Versendung per Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein. Aber auch diese beiden Varianten haben ihre Tücken. Beim Einwurf Einschreiben muss im Streitfall eine aufwendige Zeugenbefragung durchgeführt werden und beim Einschreiben Rückschein wird das Schreiben bei Nichtantreffen des Empfängers bei der Post hinterlegt und bei Nichtabholung an den Absender zurückgeschickt – das kann zu einer wochenlangen Verzögerung und zur Versäumnis von Fristen führen“.

     

    Wirksame Kündigung ist von größter Bedeutung

    Die Entscheidungen von Rostock und Berlin haben deshalb einen Streitgegenstand zum Inhalt, der für viele Vermieter zur Falle werden kann. Wenn eine Kündigung gegenüber einem Mieter scheitert, dann kann das gravierende Auswirkungen haben – nicht nur finanzieller Art. Im Fall einer Eigenbedarfskündigung zum Beispiel werden Zukunftspläne erst einmal gegenstandslos. Auch ein eventuell  geplanter Verkauf der Immobilie kann platzen. Es ist also von größter Bedeutung, dass man die Kündigung nicht nur inhaltlich, sondern auch formell richtig behandelt. Dazu gehört vor allem die rechtzeitige Zustellung.

     

    Zustellung durch Boten

    Sicher ist eine Zustellung durch einen Boten. Der Bote sollte dann schriftlich Uhrzeit, Datum, Ort, Art der Zustellung und Inhalt der Kündigung mit seiner Unterschrift versehen vermerken. Er sollte auf jeden Fall auch Kenntnis vom Inhalt des Schreibens haben, damit über diesen nicht gestritten werden kann.

     

    Zustellung durch Gerichtsvollzieher

    Die Beauftragung eines Gerichtsvollziehers gilt als die sicherste Art der Zustellung. Dazu sollte man Kontakt mit dem zuständigen Amtsgericht aufnehmen und sich über die dortige Verteilerstelle den zuständigen Gerichtsvollzieher nennen lassen. Durch einen Anruf kann man klären, mit welcher Zeitspanne man bis zu einer Zustellung rechnen muss. Auf die Einhaltung der Frist sollte man im Anschreiben an den Gerichtsvollzieher noch einmal besonders hinweisen. Nach Zustellung durch den Gerichtsvollzieher wird dem Absender eine Zustellungsurkunde ausgehändigt. Damit kann man im Streitfall die Zustellung rechtssicher beweisen.

     

    Den Rechtsanwalt mit dem Ausspruch und der Zustellung der Kündigung beauftragen

    Wer sich nicht sicher ist, aber auf Nummer sicher gehen will:

    Als Haus & Grund Mitglied genügt ein Anruf beim Vereinsanwalt! Dieser prüft nicht nur Inhalt und Form der Kündigungserklärung, sondern fertigt auf Wunsch auch eine anwaltliche Kündigung an und veranlasst die rechtzeitige und sichere Zustellung. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen werden diese Kosten des Anwalts auch von einer Rechtsschutzversicherung getragen.

    Letztere gibt es für Haus & Grund Mitglieder schon ab unter 60 € – im Jahr!

    Fachanwalt Wolfgang Reineke